Ein Mann, der ohne Scheinwerfer- licht auskommt

Silvio Bertini im (Winter-)Element und auf den Ski.Foto: Familienarchiv
Silvio Bertini im (Winter-)Element und auf den Ski.Foto: Familienarchiv

Sie sind aus einem Guss, halten zusammen wie Pech und Schwefel. Sie sind füreinander da, wenn es sie braucht. So stellt man sich die Mitglieder einer Familienbande vor, die gemeinsam durch dick und dünn gehen. Silvio Bertini hat nicht mehr viel gemein mit seinen norditalienischen Wurzeln. Seine Familie ist bereits in vierter Generation in der Schweiz. Aber wenn es um die Familie geht, so ist es bei Bertinis nach wie vor Italienisch. Er ist aufgewachsen mit drei Geschwistern. «Bruno ist unser Leuchtturm, den man kennt», schmunzelt Silvio Bertini. Sein zweiter Bruder lebt und arbeitet in Zuchwil, seine Schwester, die Älteste der vier, lebt in Hubersdorf. Wenn also Silvio Bertini in unserem Gespräch immer wieder das Wort «Familie» in den Mund nimmt, so meint er nicht nur seine eigene, seine Frau und die zwei erwachsenen Kinder, sondern immer auch die grosse Familie.

«Mädchen für alles»

Wir sind im Sitzungszimmer der Firma Mawatec AG in Selzach. Hier arbeitet Silvio Bertini seit 2000, aber gewöhnlich nur am Nachmittag. Am Vormittag findet man ihn im östlichen Teil von Selzach bei der Galvano Wullimann AG, die zur gleichen Gruppe gehört. Er ist CFO und Leiter HR in beiden Firmen, die je 60 bis 70 Mitarbeitende beschäftigen. Während er seinen beruflichen Hintergrund erzählt, schmunzelt er ab und an, vor allem als er sich selbst bescheiden als «Mädchen für alles» betitelt. So richtig glauben kann man ihm das natürlich nicht. Er meint es anders: In Unternehmen mit schlanken Strukturen muss auch ein Mitarbeitender in Führungsfunktion die Ärmel selbst zurückkrempeln. Er erst recht. Sein Arbeitspensum in beiden Unternehmen beträgt «nur» 70 Prozent. Er dürfte meinen erstaunten Blick gesehen haben und entgegnet sogleich: «Ja, ich habe sehr gute Mitarbeitende hinter mir. Dann funktioniert das bestens.» Tut es auch – seit mittlerweile 22 Jahren fühlt er sich wohl in diesen Firmen, in denen man noch die Metallspäne fliegen sehe und das Öl rieche, wie er sagt. Während Mawatec AG ein reiner Zulieferer ist für diverse Branchen wie Medizinaltechnik, Luftfahrt und Maschinenbau, verdeutlicht Silvio Bertini die Kompetenz von Galvano Wullimann mit einem «Dauerauftrag». «Wir verchromen unter anderem die bekannten USM-Möbel», sagt er mit Stolz.

Nicht im Scheinwerferlicht

Ja, er fühle sich wohl in diesem indus­triellen Umfeld, von dem seine Vita längst geprägt worden ist, aber nicht nur. Noch ehe er sein Lebensbuch gegenüber seinem Gesprächspartner geöffnet hat, sagte er etwas, was erst später einen Sinn bekam. Er sei immer unter dem Radar durchgeflogen, führte er in das Gespräch ein. Bitte? Ja, wer Silvio Bertini kennt, weiss, dass er zwar der Typ Mensch ist, der durchaus ganz vorne stehen kann und will, aber der daraus keine grosse Sache macht. Das ist nicht unbedingt die Regel bei Persönlichkeiten. Es gibt die andere Seite, diejenigen, die ganz vorne stehen, einen guten Job machen, aber das auch gerne zelebrieren. Wer wie Silvio Bertini eher abseitssteht, wenn es um das Scheinwerferlicht geht, erzeugt schnell einmal ungläubiges Staunen, wenn er am Aufzählen seiner weiteren Tätigkeiten ist. Nein, das sind nicht nur in erster Linie einbringliche Mandate. Silvio Bertini sucht nicht das Scheinwerferlicht. Er ist vielmehr und ganz einfach gesagt: ein Macher!

30 Jahre aktiv beim FC Bettlach

Alles, was er ausserhalb seiner eigentlichen Arbeit mache, bilde entweder einen Teil seines über die Jahre gewachsenen Netzwerks oder seien freundschaftliche Beziehungen, die ihn zu dieser Funktion animiert hätten. Beispiel? Er nennt das Ärztezentrum Bettlach. Teil dieser Gemeinschaft von praktischen Ärzten ist Patrick Fluri, ein langjähriger Freund von Silvio Bertini. Und so hat er das VR-Präsidium der neu gegründeten Aktiengesellschaft übernommen, um die Nachfolgeregelungen in dieser Praxisgemeinschaft zu begleiten. Der Name Fluri taucht auch beim FC Bettlach auf. Der Arzt war vor Silvio Bertini Präsident des Fussballclubs. Bertini war insgesamt 30 Jahre im Vorstand (Kassier) und davon zuletzt sieben Jahre als Präsident des FC Bettlach. Wer sich im Regionalfussball auskennt, weiss: Das ist ein Knochenjob und alles andere als lukrativ. Da muss man schon selbst Fussball gespielt haben. Hat er auch – er spielte mit dem FC Bettlach sogar mehrere Jahre in der zweiten Liga.

«Ständige Weiterbildung»

Das ist noch nicht alles. Bekannt ist Silvio Bertini als langjähriger Verwaltungsratspräsident der Raiffeisenbank Wandfluh (bis 2016) bzw. der heutigen RB Weissenstein. Ausserdem ist er Präsident des Verbandes der Solothurner Raiffeisenbanken. «Die Finanzen verfolgen mich auch ausserhalb der vier Bürowände», meint er. Richtig. Da wäre nämlich noch das VR-Präsidium der AKSO AHV und Invalidenversicherung des Kantons Solothurn, einer bedeutenden Arbeitgeberin mit rund 200 Mitarbeitenden. Er wirkt bescheiden, wenn er seine nebenberuflichen Aktivitäten aufzählen muss. Ich verstehe nun, was er da am Anfang meinte mit dem Radar. Da ist nämlich noch etwas anderes. Er nennt das «ständige Weiterbildung». Seit knapp 30 Jahren ist er Referent am Erwachsenenbildungszentrum (EBZ) in Solothurn in den Lehrgängen des Rechnungswesens. Mit dieser Tätigkeit verbunden seien viele gewachsene Freundschaften und eben die angenehme Nebenerscheinung, sich damit ständig beruflich à jour zu halten.

Mit den Finanzen hat er sich früh verbündet. Er machte eine KV-Lehre bei der heutigen Ypsotec AG, arbeitete unter anderem bei ETA und Agathon. Die Finanzen haben ihn immer fasziniert – so sehr, dass er sich weiterbildete und bis zu seinem Eintritt bei den Unternehmen, für die er heute tätig ist, auch als Steuerexperte beim Steueramt des Kantons Solothurn arbeitete. So ist das eigentlich wenig erstaunlich, dass er in Gremien berufen wird, um seine Kompetenzen einbringen zu können. Das sagt nicht er. Das lässt sich ganz einfach aus seinem Lebenslauf schliessen.

Ganz schön sportiv

Wer über seine berufliche Tätigkeit hinaus engagiert ist, der muss sportlich zumindest eine Grundkondition ausweisen können. Silvio Bertini, da reicht ein kurzer Blick, ist sportlich. Da lässt er keinen Zweifel offen. Die Zeit, als er 2.-Liga-Fussball spielte, ist schon lange her. Fit hält er sich mit Biken, und ab und an sieht man ihn auch auf dem Rund des Tissot Velodrome. Im Winter fährt er Ski, vor allem in Grindelwald. Aber diese Sportarten stehen nicht zuvorderst auf der Liste, wenn er nach seinen Freizeitaktivitäten gefragt wird. Da steht ganz vorne: Ich bin ein Familienmensch. Und zur Familie gehören nicht nur seine Kinder, seine Frau und die Geschwister, sondern auch ein Golden Retriever, mit dem er gerne spazieren geht, dies unter kundiger Führung seiner Frau, die Hundetrainerin ist. In seiner Garage steht ein Wohnmobil. Das sei bei ihm keine Modeerscheinung; sie seien schon vor vielen Jahren durch die USA und Kanada gereist. Wenn er dann dereinst in den Ruhestand geht – «nicht von 100 auf 0», verspricht er –, gebe es dann Freiraum, um mal ein bis zwei Monate am Stück in die Ferne zu reisen.

Ich frage ihn, kenne aber die Antwort: Wo trifft man Silvio Bertini bei grösseren Veranstaltungen und ausserhalb seiner Tätigkeiten? Er sei kein Partygänger, und er sei schon gar kein Freund von Menschenansammlungen. Und er brauche auch keine 100 Freunde – «ein paar wenige reichen völlig aus». Und dazu natürlich vor allem die Familie.