In 50 Jahren 1500 Spiele geleitet
Eine sehr lange Schiedsrichterkarriere ist zu Ende. Der Grenchner Francis Fischer muss seine langjährige Leidenschaft nach einer schweren Knieoperation aufgeben. Fischer hat in all den Jahren viel positive Erinnerungen gesammelt, war aber auch an einem ganz schwarzen Moment in der Schweizer Fussballgeschichte vor Ort.

Er ist in seinem Metier sozusagen eine Legende. Schiedsrichter Francis Fischer hat in seiner Karriere gut 1500 Fussballspiele geleitet. Der inzwischen pensionierte ehemalige Kripo-Beamte der Berner Kantonspolizei pfiff sowohl rund 40 Spiele der NLA/Super League als auch unzählige Partien in der NLB/Challenge League sowie 20 Matchs als Schiri-Assistent in ganz Europa. Dazu kam ein Cupfinal der Frauen, Einsätze am Berner Philips-Cup oder am Uhrencup mit internationaler Beteiligung, die Tätigkeit als Instruktor und Inspizient, aber vor allem auch das weitere, grossartige Engagement auf den regionalen Fussballplätzen. Ein Sturz mit dem Fahrrad beendete nun die Karriere des Grenchners abrupt: «Vor einigen Wochen musste ich mich einer schweren Knieoperation unterziehen. Das abschliessende Gespräch mit meinem Chirurgen hat nun ergeben, dass aufgrund des medizinischen Eingriffs mein Laufvermögen eingeschränkt bleibt und ich darum gezwungen bin, meinen sofortigen Rücktritt einzureichen.» Tatsächlich war Fischer als laufstarker und wendiger Schiedsrichter bekannt. «Dank viel Training, Teilnahme an Läufen und vielleicht auch Begabung konnte ich schnell rennen und dies kam mir bei den Spielleitungen entgegen. Ich versuchte stets, in Spielnähe zu sein. Mein Motto: Entscheide, die man aus nächster Nähe beurteilen kann, sind immer glaubwürdiger.»
Auf den Geschmack gekommen
Mit Fussball hat Francis Fischer als 13-Jähriger beim FC Grenchen als linksfüssiger Flügelflitzer begonnen. «Später wechselte ich zum FC Wacker und aus der Rückennummer 11 wurde die 1, da ich als Goalie eingesetzt wurde.» Alsbald erfolgte ein Englandaufenthalt und der Grenchner durfte als einziger Schweizer in der College-Liga mittun. «Eine Halbzeit agierte ich als Flügel, die zweite als Torhüter. Eines Tages war ein wichtiges Spiel angesagt. Einziges Manko: Es war kein Schiedsrichter zugegen. So wurde ich wider Willen ausgewählt, als neutraler Schweizer dieses Spiel zu leiten, und so kam ich regelrecht auf den Geschmack des Pfeifens.» Zurück in der Schweiz begann Fischer eine Ausbildung zum Referee und machte eine schnelle Karriere. Schirimangel herrschte schon damals und darum sei es vorgekommen, dass er viele Doppeleinsätze zu bewältigen hatte. Einmal pfiff er gleich vier Begegnungen an einem Wochenende. Seine erste NLA-Partie leitete Francis Fischer im Jahr 1984. FC Luzern gegen FC Wettingen hiess die Affiche. 13 Jahre lang blieb der heute in Münchenbuchsee wohnhafte Fischer im Geschäft, ehe er wegen der Altersgrenze kürzertreten musste.
Der «Fall Klötzli»
Viele engagierte Jahre als Schiedsrichter folgten in der 2. und 3. Liga. Fischer genoss viel Goodwill bei Spielern und Trainern. Die positiven Erinnerungen überwiegen, obschon der Unparteiische einige Punkte anspricht, die für ihn nicht stimmen. «Nicht nachvollziehen kann ich die aktuelle Regelauslegung mit den Handspielen im Strafraum. Immer wieder wird auf Penalty und Gelb entschieden, obschon der Akteur nichts dafürkann, wenn ihm das runde Leder irgendwie an die Hand oder an den Arm springt.» Eine der dunkelsten Stunden im Schweizer Fussball erlebte Francis Fischer auf dem Platz mit. «Ich war 1989 in Sion ausnahmsweise als Schiri-Assistent tätig. Quasi mit dem Schlusspfiff glich der FC Wettingen aus, ich zeigte das Tor als korrekt an und hatte gar nicht mitbekommen, dass Schiedsrichter Bruno Klötzli just in jenem Moment den Match abgepfiffen hatte, als sich der Ball unter der Torlatte befand.» Was danach geschah, ist leider hinlänglich bekannt und darf nie mehr vorkommen. «Die Ausschreitungen und die Angriffe der Wettingen-Spieler auf Schiri Klötzli machten mir richtig Angst. Ich kam zwar ungeschoren davon, diese Minuten bleiben jedoch die schlimmsten meiner Karriere.» Und trotzdem – der Grenchner Schiedsrichter Francis Fischer bleibt bei seiner Meinung: «Schiedsrichter zu sein ist eine echte Lebensschule. Ich möchte die gut 1500 Spiele nicht missen und werde im Denken immer ein Unparteiischer bleiben.»