Jabahe – oder: «Willkommen» auf Ghanaisch

Seit 25 Jahren haben vier bis sechs Frauen die Möglichkeit, zusammen im Haus Jabahe in Leuzigen ihr Leben in einer betreuten Wohngemeinschaft zu meistern. Es handelt sich um Frauen mit einer kognitiven Beeinträchtigung. Thesi Frei leitete die Institution über zwölf Jahre lang.

Freude unter den Bewohnerinnen: Der neue Heimbus ist eingetroffen. Nun sind gemeinsame Ausflüge auch in die weitere Umgebung möglich.Bilder: zvg

Immer wieder kann man in Leuzigen eine kleine Gruppe Frauen auf Spaziergängen beobachten. Im Dorf und in der Natur finden in einer Gruppe strukturierte Bewegungsangebote statt. Man trainiert Beweglichkeit, Kraft und Koordination. Und wenn man genauer hinschaut, fällt vor allem auf: Diese Menschen sind fröhlich, lebenslustig und zufrieden. Keineswegs eine Selbstverständlichkeit, wenn man weiss, dass die Bewohner von Jabahe mit begrenzten Möglichkeiten zur eigenen Lebensführung ihren Alltag meistern. Jabahe nahm 1999 den Betrieb als betreute Wohngemeinschaft auf. Während zwölf Jahren wurde sie als privates Kleinheim für bis zu vier Frauen mit einer kognitiven Beeinträchtigung geführt. Seit 2011 wird die Gemeinschaft vom Kanton Bern anerkannt und steht unter der Trägerschaft des Vereins Cicada. Seinen angeschlossenen Kleininstitutionen bietet Cicada einen schlanken betrieblichen Überbau, welcher die Qualitätssicherung, die Buchhaltung, die Personaladministration und den Kontakt zu den Behörden umfasst. Besonderen Wert wird auf eine gute Einbettung der Kleininstitutionen im Dorf und in der Gesellschaft gelegt. Jabahe nahm ihren Betrieb im Oktober 1999 in einem Privathaus an der Metzgergasse auf. Während zwölf Jahren wurde das Kleinheim von der initiativen Leuzigerin Thesi Frei geführt. Sie vermittelte als Grundlagen des Zusammenlebens ein neues Zuhause mit lebenspraktischen Aufgaben und der Rhythmustherapie ihrer Einwohnerinnen.

Ein neuer Zeitabschnitt

Mit dem Umzug von der Metzgergasse an die Eymattstrasse begann im März 2013 ein neuer Zeitabschnitt. Dank der engagierten und grosszügigen Unterstützung von Menschen der Gemeinde Leuzigen konnte das «Lehrerhaus» erworben, umgebaut und bezogen werden. Die Infrastruktur für nun sechs Bewohnerinnen war den gesetzlichen Anforderungen des Kantons angepasst. Das Haus Jabahe ist an 365 Tagen pro Jahr geöffnet. Ein kleines Team aus den Fachbereichen Betreuung, Agogik und Pflege, vorwiegend in Teilpensen arbeitend, begleitet die Bewohnerinnen durch den Alltag. Die Tagesstrukturen sind individuell abgestimmt und reichen von Haushaltsarbeiten intern zu Arbeiten in geschützten Werkstätten extern. Ergänzende Angebote mit sinnstiftender Beschäftigung, individuelle Betreuung sowie Arbeit im kreativ gestalterischen und musikalischen Bereich unterstützen seither das Bestreben, mit den Bewohnerinnen ein lebensbejahendes und optimistisches Daseinsgefühl zu entwickeln.

Rhythmustherapie von Thesi Frei

Im Sommer 2000 waren im Leuzigerwald erstmals seltsame, ungewohnte Geräusche zu vernehmen: Thesi Frei war mit den Bewohnerinnen ihrer neu gegründeten betreuten Wohngemeinschaft für geistig behinderte Frauen unterwegs. Das Stampfen, Klatschen und Rufen nannte sie Rhythmustherapie. Als die Gruppe zur Eröffnung des ersten Jabahe-Festes im Juni 2001 zwei einfache Lieder vortrug und sich dazu auf Percussion-Instrumenten begleitete, reagierte das Publikum sofort sehr herzlich und begeistert. Musik in einfachster Form wurde zur Brücke zwischen den Menschen mit und ohne ­Behinderung, baute Berührungsängste ab, öffnete Herzen und Türen. Ermutigt durch dieses Erlebnis und mit der Unterstützung von mehreren erfahrenen Musiker-Freunden wurden nun Stücke für die Band arrangiert, Texte angepasst und eingeübt. Was mit einem befremdlichen Waldgesang begann, entwickelte sich im Lauf der Jahre zu einem ­ansehnlichen Repertoire von traditionellen Liedern aus aller Welt. Ende 2019 hiess es für Thesi Frei Abschied zu nehmen von der Leitung der Jabahe-Band. Sie übergab das Zepter an die neue Bandleiterin, Sylvia Stampfli. Stets blieb die Erkenntnis, dass keine Therapie der Welt und schon gar keine Medikamente das Selbstwertgefühl der behinderten Musikerinnen besser aufbauen können als der Applaus eines begeisterten Publikums.