Wer sucht, der findet. Was suchen wir Menschen eigentlich und was hat das mit Ostern zu tun?

Pfr. Dr. Stephan Hagenow und Gudula Metzel aus den Kirchengemeinden Grenchen-Bettlach philosophieren über das traditionelle Osterfest. Eine spannende Zusammenfassung aus der reformierten und römisch-katholischen Sicht.

Bild: Shutterstock
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Pfr. Dr. Stephan Hagenow, reformierter Pfarrer in der KG Grenchen-Bettlach

In unserer Familie durchsuchten unsere drei Kinder immer am Ostermorgen mit ihren Cousinen und dem Cousin fleissig den Pfarrgarten. Das ging sehr lebhaft zu und her und hatte Wettbewerbscharakter. Jedes der Kinder hatte sein eigenes Osternest mit Süssigkeiten und einem kleinen Spielzeug, aber alle mussten es ohne Hilfe allein finden. Zusätzlich haben wir überall Ostereier auf dem ganzen Gelände versteckt, wohl zu gut, denn manchmal kamen noch Monate später zufällig ein paar Eier zum Vorschein. Bis heute geniessen wir nach der Suchaktion den traditionellen Osterbrunch mit einem guten Tropfen und den Süssigkeiten und feiern das Ende der Fastenzeit und des Verzichts.
Ostern hat also etwas mit Suchen zu tun?
Offensichtlich hat Ostern etwas mit Suchen zu tun. Man vertraut auf das Finden, egal ob dies ein Osternest ist oder vielleicht eine Antwort auf eine Frage. Ostern inspiriert, Dinge zu sehen, die mit dem Auge nicht sichtbar sind oder nicht gesehen werden wollen. Ostern ist die Auferstehung von Jesus. Das Auge hat nur ein leeres Grab gesehen. Wenn man dies mit der heutigen Zeit vergleicht, würde ich Folgendes sagen: Die Wahrheit springt einem nicht ins Auge, man muss sich sorgfältig umsehen. Die uns vorgetragenen Bilder sind manchmal eine Verführung, unseren Geist zu verwirren. Bilder werden bearbeitet, geschnitten, retuschiert und sogar verfälscht. Bilder machen heute Politik. Sie werden gebraucht, um Dinge zu rechtfertigen. Mit dem Herzen zu sehen ist sinnvoller als mit den Augen.


«Ich sehe etwas, was du nicht sieht»
Wir haben keine Beweise für die Auferstehung von Jesus. Aber Ostern lehrt uns, dass dies gar nicht nötig ist, wir sollten einfach Dinge in einem anderen Licht betrachten. Wir feiern nicht Ostern, weil Jesus von Nazareth vor 2000 Jahren auferstanden ist, sondern weil Jesus Christus seit 2000 Jahren aufersteht. Auferstehung ist kein historisches, einmaliges Ereignis, sondern der konkret weiterwirkende Christus, von dem wir lernen können. Auferstehungsglaube ist eine Lebenskraft. Deshalb illustrieren wir Ostern immer wieder mit Bildern der erwachenden Natur und versuchen, den Kindern diese Botschaft mit Eiern, Hasen oder anderen Symbolen näherzubringen. Ostern ist das wichtigste christliche Fest: «Ich sehe etwas, was du nicht siehst, und das ist Hoffnung.» Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern ein fröhliches Osterfest mit neuen Perspektiven!


Gudula Metzel, Pastoralraumleiterin der röm.-kath. Pfarreien von Bettlach-Grenchen

Meine Kindheitserinnerungen an Ostern sind immer noch sehr präsent. Ich durfte immer das Osterlicht von der Kirche mitten in der Nacht nach Hause tragen. Ich liebe vor allem die Lerchenzweige, die mit schön verzierten Ostereiern geschmückt werden. Heute verbinde ich das Fest der Verwandlung auch mit Schicksalsschlägen, die ich am eigenen Leib erfahren musste. Der Kindstod meiner Tochter Rahel, die nur vier Monate alt wurde, und die schwere Depression, die danach folgte. Als mein Ehemann noch gestorben ist, habe ich es trotzdem vom Grund der Tiefe an die Oberfläche geschafft. So etwas ist mit Auferstehung sehr gut vergleichbar.


Ostern ist das Fest der Freude
Diese Freude hat verschiedene Gründe. Einmal wird Ostern am Sonntag nach dem ersten Frühlingsmond gefeiert. Das ist in unseren Breitengraden eine besonders schöne Zeit, in welcher die Sonne die Erde wieder erwärmt. Die Blumen und Blüten erwachen aus ihrem Winterschlaf und die Menschen kommen aus ihrer Winterstarre und begegnen andern mit Liebe und Freude. Ostern ist das grösste und schönste Fest des Glaubens. Wir feiern die Auferstehung von Jesu. Das ist ein grosses und kaum zu begreifendes Geheimnis. Wir können es nur mit unserem Glauben erfassen. 


Singen wir zusammen Halleluja
Jesus, der Mann aus Nazareth, musste einen grausamen Tod am Kreuz erleiden. Er hörte auf Gott und nicht auf die staatlichen und kirchlichen Machthaber. Diese Freiheit hat ihn das Leben gekostet. Gott liess ihn selbst nach seinem Tod nicht im Stich und holte Jesus aus seinem Grab. Unser Gott erweist sich also in Jesus Christus als ein Gott des Lebens. Wenn das kein Grund zur Freude ist! Wir Menschen haben so eine Hoffnung und ein Ziel in unserem Leben.
Jede und jeder von uns kann für das Leben und den Frieden aufstehen
Egal, was dir im Leben widerfährt, gibt die Hoffnung nie auf. Resignation kann sich niemand leisten, nicht die Schöpfung und auch nicht die Menschen, die von Krieg und Hunger betroffen sind. Auch wenn wir fast verzweifeln, der Glaube gibt uns Hoffnung. Es gibt Licht und einen Weg. Jesus will, dass wir frei und heil sind. Mit ihm können wir ohne Angst und gelassen in die Zukunft sehen. Natürlich können wir die Augen nicht vor Gewalt und Brutalität verschliessen, wir müssen realistisch und kritisch bleiben, das lehrt uns das Kreuz. Aber es ist wichtig, dass wir die Hoffnung in uns behalten. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern ein gesegnetes Osterfest. Komm und feiere mit!


Hinweis: Das Osterprogramm beider Kirchengemeinden finden Sie unter: 
Evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Grenchen-Bettlach
www.greberef.ch
Pastoralraum Wandflueh Grenc