Wie es vor 100 Jahren zur Zwinglikirche kam

Vor 100 Jahren wurde die Zwinglikirche der Reformierten Kirchgemeinde Grenchen-Bettlach eingeweiht. Mit Musik, Fest und Gottesdienst feierte die Kirchgemeinde im September ihr Jubiläum. Bereits 44 Jahre vor dem Kirchenbau war die Kirchgemeinde gegründet worden.

Die vor 100 Jahren eingeweihte Zwinglikirche bietet im Kirchenschiff und auf den Emporen Platz für knapp 800 Personen. Bilder: zvg

Die vor 100 Jahren eingeweihte Zwinglikirche bietet im Kirchenschiff und auf den Emporen Platz für knapp 800 Personen. Bilder: zvg

Ruedi Köhli war 37 Jahre Verwalter der Reformierten Kirchgemeinde Grenchen-Bettlach und arbeitet an einer Chronik.

Ruedi Köhli war 37 Jahre Verwalter der Reformierten Kirchgemeinde Grenchen-Bettlach und arbeitet an einer Chronik.

Ruedi Köhli war 37 Jahre lang Verwalter der Reformierten Kirchgemeinde Grenchen-Bettlach. Zurzeit arbeitet er an einer Chronik über 100 Jahre Zwinglikirche und den späteren Bau des angegliederten Zwinglihauses und der Markuskirche in Bettlach. Eine letzte Festschrift erschien 1980 im Rahmen des 100‑Jahr-Jubiläums der Reformierten Kirchgemeinde Grenchen-Bettlach.

1581 Einwohner, 68 Reformierte

Die Geschichte der Kirchgemeinde ­beginnt mit einer langen Vorgeschichte. Bei der ersten eidgenössischen Volkszählung 1850 zählte die Gemeinde Grenchen 1581 Einwohner, davon 68 Reformierte; Bettlach hatte 596 Einwohner, davon 14 Reformierte. Die Region litt unter der Wirtschaftskrise; erst mit der Konzentration auf die Uhrenindustrie ging es wieder aufwärts. Junge Grenchner erlernten das Uhrmacherhandwerk in Biel und im Jura, und die neue Industrie fasste in Grenchen rasch Fuss. Mit der Zuwanderung stieg auch die Zahl der reformierten Gläubigen: 1860 waren es bereits 241 (29 in Bettlach). Und nur zwei Jahrzehnte später hatte sich die Zahl gar versechsfacht auf 1427 Gläubige in Grenchen (Bettlach 94). Grenchen und Bettlach gehörten damals noch zum reformierten Kanton Solothurn. Der einzige Pfarrer konnte den oberen Kantonsteil nur gelegentlich betreuen. 1877 beschränkte Solothurn seine Zuständigkeit auf die Bezirke Lebern und Kriegstetten – ohne Grenchen und Bettlach.

Gründung der Kirchgemeinde

Die Kirchgemeinde musste handeln. Im Jahr 1880 wurde im damaligen Hotel Sternen in Grenchen die Evangelische Kirchengenossenschaft Grenchen gegründet. Die finanziellen Verhältnisse waren bescheiden, so dass an ein eigenes Gotteshaus nicht zu denken war. Gegen eine Entschädigung durften die Reformierten die Eusebiuskirche der Katholiken mitbenutzen und erhielten so ein ständiges Gastrecht. Ökumene wurde also schon vor mehr als 100 Jahren gelebt! Auch das war aber keine Dauerlösung. Zunächst wollte sich die Reformierte Kirchgemeinde 1900 am Bau der christkatholischen Kirche in Grenchen beteiligen – unter der Bedingung, dass die Kirche mindestens 600 Sitzplätze haben sollte. Die finanzielle Belastung wäre aber im Vornherein zu gross gewesen, so dass die noch junge Kirche das Mietverhältnis mit den Katholiken aufrechterhielt.

Protestantische Schlichtheit

1914 kam Bewegung in die Sache. Ein Projektwettbewerb wurde ausgeschrieben, den der Berner Architekt Karl Indermühle gewann. Noch im selben Jahr brach der Erste Weltkrieg aus; das Projekt musste wohl oder übel auf Eis gelegt werden. Sieben Jahre später überarbeitete Indermühle die Pläne. Der Baufonds der Reformierten Kirchgemeinde war gut gefüllt. Dazu kam ein Kantonsbeitrag von knapp 50 000 Franken. Zwei Jahre nach dem Beschluss der Kirchgemeinde wurde die Kirche am Dreikönigstag 1924 eingeweiht. Sie besteche durch ihre protestantische Schlichtheit im neuromanischen Stil, heisst es in der Festschrift. Die Kirche bietet im Kirchenschiff und auf den Emporen Platz für knapp 800 Personen. Der Architekt hatte wenige Jahre zuvor die Friedenskirche in Bern im gleichen Stil erbaut. Noch im selben Jahr kam das erste Pfarrhaus hinzu, 1949 das zweite und 1958 wurde zuerst das Pfarrhaus und ein Jahr später die Markuskirche eingeweiht. 1967 wurde das Zwinglihaus eingeweiht, das noch heute den grössten Saal der Stadt beherbergt. Das Gebäude ist reich ausgestattet mit Kunstwerken von Peter Travaglini (†) und Walter Emch (†). Das Zwinglihaus ist auch Sitz der Kirchgemeindeverwaltung.

Und heute, 100 Jahre später? Die Reformierte Kirchgemeinde Grenchen-Bettlach ist robust unterwegs, kämpft aber mit dem gleichen Problem wie die anderen Landeskirchen auch – mit mehr Austritten als Eintritten.

(Quelle: Festschrift «1880–1980: 100 Jahre Reformierte Kirchgemeinde Grenchen-Bettlach», Ruedi Köhli)