Wie Radio, Staubsauger & Co. wieder zum Laufen gebracht werden
In der ganzen Schweiz sind über 200 Repair Cafés in den verschiedensten Regionen aktiv. Ursprünglich wurde die Idee 2014 von der Stiftung für Konsumentenschutz lanciert. Seit 2019 gibt es auch in Grenchen ein Repair Café. Unsere Mitarbeiterin Lisa Bertelle hat die Probe aufs Exempel gemacht.
Mit zwei defekten Gegenständen im Gepäck – dem alten Radio meiner Grosseltern und einer nicht mehr funktionstüchtigen Duplo-Lokomotive – besuche ich das Repair Café in Grenchen. Organisiert vom Verein Repair Café Grenchen, bietet die Veranstaltung eine kostenlose Reparaturmöglichkeit für defekte Alltagsgegenstände. Ziel ist es, Ressourcen zu schonen, Abfall zu vermeiden und eine nachhaltigere Lebensweise zu fördern. Für Ersatzteile wird lediglich der Einkaufspreis verrechnet. Spenden sind willkommen. Viermal im Jahr haben Besucherinnen und Besucher die Gelegenheit, ihre defekten Gegenstände von ehrenamtlichen versierten Helfern reparieren zu lassen.
Beim Betreten des Raumes im ersten Stock des Parktheaters gelange ich direkt zur Anmeldung. Ich nehme kurz Platz und beobachte das geschäftige Treiben. Nach einigen Minuten melde ich mich ebenfalls an. Andrea Nussbaumer, eine der engagierten Helferinnen, fragt mich nach meinen mitgebrachten Gegenständen. Mein altes Radio und die Duplo-Lokomotive fallen in die Kategorie Elektronik, eine von mehreren angebotenen Reparatursparten, zu denen auch Mechanik, Textilien und Sonstiges gehören.
Andrea Nussbaumer verrät mit einige Fakten zum Repair Café: Pro Veranstaltung nutzen rund 70 bis 100 Personen das Angebot. Das Repair Café existiert in Grenchen seit 2019, und die Art der Reparaturen variiert teilweise saisonal: Im Frühling werden häufig Dörrgeräte für Obst und Gemüse vorbeigebracht, im November sind es oft Lichterketten für die Weihnachtszeit. Etwa 50 bis 60 Prozent der defekten Gegenstände können erfolgreich repariert werden. «Hilfe zur Selbsthilfe» ist das Motto des Vereins. Oft geht es auch darum, den Menschen zu zeigen, wie ihre Geräte funktionieren. Besonders ältere Personen profitieren davon, wenn ihnen beispielsweise die Bedienung eines Handys erklärt wird. Der Verein besteht derzeit aus rund 20 ehrenamtlichen Mitgliedern.
Nach unserem Gespräch nehme ich im Wartebereich Platz. Bereits nach wenigen Minuten werde ich aufgerufen und von Sascha Nussbaumer, dem Präsidenten des Vereins, begrüsst. Gemeinsam untersuchen wir mein altes Radio. Sascha Nussbaumer öffnet das Gerät, und ich sehe zum ersten Mal, wie es im Inneren eines Radios aussieht – ein Labyrinth aus bunten Kabeln. Meine Mithilfe beschränkt sich auf die Assistenz, indem ich dem Fachmann beispielsweise eine Pinzette reichen darf. Sascha Nussbaumer erzählt mir, dass oftmals Rentner gerne bei den Reparaturen mithelfen und ihr handwerkliches Wissen mit einbringen. Unterschiedliche Werkzeuge liegen bereit und es ist interessant, anderen zuzusehen, wie sie etwa versuchen, einen defekten Wasserkocher wieder zum Laufen zu bringen. Ich habe weniger Glück. Trotz intensiver Bemühungen lässt sich das Radio meiner Grosseltern leider nicht mehr zum Leben erwecken.
Für Sascha Nussbaumer ist es jeweils ein Erfolgserlebnis, wenn er etwas reparieren kann. Wichtig ist ihm aber auch, dass alle eine Chance bekommen, ihre Gegenstände reparieren zu lassen. Deshalb achtet er darauf, dass pro Gerät eine maximale Zeit von ungefähr 30 Minuten eingehalten werden kann.
Die Reparatur der kleinen Duplo-Lokomotive erweist sich als deutlich unkomplizierter. Nach einer Reinigung des Batterieeinsatzes und dem Einsetzen neuer Batterien rollt sie wieder. Ein Erfolg, der mich besonders freut, denn nun können meine Nichten und mein Neffe wieder mit ihr spielen, wie meine Geschwister und ich früher auch schon.
Auch wenn das Radio nicht repariert werden konnte, bleibt er für mich ein wertvolles Erinnerungsstück – an frühere Zeiten, als meine Grosseltern damit im Wohnzimmer Sanremo oder Radio Monte Carlo hörten. Mein Besuch im Repair Café hat mir nicht nur die Bedeutung von Nachhaltigkeit bewusster gemacht, sondern war auch ein besonderes Erlebnis: Gemeinsam mit anderen gegen die Wegwerfmentalität anzutreten und dabei Erinnerungen lebendig zu halten.